Personalisierung im B2B E-Commerce: Wie lässt sie sich praktisch umsetzen?
Personalisierung im B2B: Das war bisher hauptsächlich der Außendienstler, der seine Kunden besuchte, genau deren Wünsche kannte und zusammen mit ihnen das Bestellformular ausgefüllte.
Solange die Firmenwebsite nur eine Visitenkarte war, spielt die digitale Personalisierung keine Rolle. Jetzt, wo auch geschäftliche Kunden online recherchieren und einkaufen wollen, ist das anders. Unternehmen investieren in B2B E-Commerce-Maßnahmen und fragen sich: Wie können wir unseren hervorragenden persönlichen Kundenservice in die digitalen Kanäle übertragen?
In diesem Artikel erklären wir, welche Chancen Personalisierung im B2B E-Commerce bietet und wie sie sich praktisch umsetzen lässt.
Ziele der Personalisierung im B2B E-Commerce
Durch personalisierte E-Commerce-Angebote verfolgen B2B-Unternehmen primär folgende Ziele:
Komplexe Beschaffungsprozesse werden für Kunden so einfach, effizient und bequem wie möglich gestaltet.
Das Umsatzpotenzial jedes Kunden wird maximal ausgeschöpft.
Die Kosten für Vertrieb und Kundenservice werden an allen Touchpoints mit den Kunden reduziert.
Die Prozesse in Verbindung mit dem gesamten Kundenlebenszyklus werden optimiert – sowohl zum Nutzen des Verkäufers als auch des Käufers.
Welche Inhalte und Funktionen können personalisiert werden?
An welchen Stellen können die Angebote und Kundenerfahrungen im B2B E-Commerce personalisiert werden? Kurze Antwort: an allen Touchpoints der Customer Journey. Gehen wir auf einzelne Aspekte ein, die typisch für den B2B Commerce sind.
Suchfunktion
B2B-Einkäufer müssen schnell die relevanten Produkte und Informationen finden, ohne sich durch Listen mit tausenden von Elementen klicken zu müssen. Sie müssen auch nach technischen Spezifikationen oder Produktnummern suchen oder ein Produkt über den eingescannten Barcode finden können.
Dafür muss die Suche leistungsfähig und personalisiert sein: Sie darf Einkäufern etwa nur die Produkte anzeigen, die für sie erhältlich sind oder die zu ihren speziellen Anforderungen passen. Die Suche kann manuell durch Regeln oder automatisch anhand der Such- und Bestellhistorie angepasst werden.
Produktkataloge und Listen
Oft bieten B2B-Unternehmen ihren Kunden komplett unterschiedliche Sortimente, etwa weil diese aus unterschiedlichen Branchen kommen. Oder Zulieferer entwickeln sogar individuelle Sortimente für einzelne Hersteller. Das muss auch im Online-Shop oder in der Beschaffungslösung abgebildet werden.
Zudem muss es B2B-Einkäufern ermöglicht werden, eigene Produktlisten erstellen zu können: etwa für Verbrauchsartikel, die sie immer wieder bestellen oder für Ersatzteile, die zu einer bestimmten Maschine passen. Genauso brauchen sie jeweils die passenden Informationen zu den einzelnen Produkten zur Hand, damit sie nicht immer wieder danach suchen müssen. Das sogenannte List Management gehört zu einer der Kernfunktionen für B2B E-Commerce-Lösungen – bei großen Unternehmen kann es entsprechend komplex werden.
Preise
So individuell wie die Sortimente sind auch die Preise im B2B E-Commerce. Unterschiedliche Preise für Kundensegmente sind nur das eine. Oft handeln Lieferanten und Kunden individuelle Preise miteinander aus. Diese Preise müssen in den E-Commerce-Kanälen hinterlegt sein, zusammen mit Konditionen wie Preisstaffeln und Rabatten.
Bei konfigurierbaren Produkten muss die korrekte Preiskalkulation hinterlegt sein. Manchmal müssen Preise erst verhandelt werden: dann müssen Preisanfragen und Angebote über die E-Commerce-Lösungen verschickt und angenommen werden können.
Bestellung, Zahlung und Versand
Produkt in den Warenkorb legen, bestellen und zahlen: So kann es auch im B2B E-Commerce laufen – doch bei Weitem nicht immer. Kaufprozesse im B2B sind komplex und oft „hybrid“, also eine Mischung aus persönlichem Vertrieb und E-Commerce. Manchmal werden Produkte später über den Kundenservice oder komplett automatisiert nachbestellt.
Mit Kunden werden unterschiedliche Zahlungswege und -konditionen vereinbart; der eine bestellt per Post, der andere per Express, noch ein anderer lässt Waren per Spedition abholen. Die Prozesse und Funktionen müssen für diese Bedürfnisse personalisiert werden und die Informationen dazu in den jeweiligen Kundenkonten gespeichert werden.
Unternehmenskonten und Workflows
In den Beschaffungsprozessen in Unternehmen wirken in der Regel mehrere Personen in unterschiedlichen Funktionen mit: eine recherchiert und wählt die Produkte nach fachlichen Kriterien aus, eine andere verantwortet die Budgets, wieder eine andere muss die Investition freigeben, und so weiter.
Neben einzelnen Nutzerkonten für Personen müssen B2B E-Commerce-Lösungen auch Unternehmenskonten (Corporate Accounts) verwalten können: dort können die Kunden ihre Zuständigkeiten sowie die eigenen Bestell- und Freigabeprozesse anlegen.
Produktempfehlungen
Personalisierte Produktempfehlungen gehören auch im B2B Commerce dazu. Wie schon beschrieben ist im Gegensatz zum B2C aber nicht der schnelle Upsell das Ziel. Stattdessen soll Einkäufern das Leben leichter gemacht werden. So bekommen sie etwa kompatible Teile zu einem anderen Produkt oder passende Ersatzteile angezeigt.
Basierend auf der historischen Daten können Unternehmen den Kunden Produkte empfehlen, die diesen bei einem aktuellen Problem besonders helfen. Oder sie stellen Innovationen vor, die für sie relevant sind, aber bisher noch unbekannt waren.
Kundenservice
Je nach Bedürfnissen und Umsatz können Kunden unterschiedliche Möglichkeiten des Kundenservice angeboten werden. Ein Beispiel: Standardkunden etwa werden auf das Self-Service-Portal verwiesen oder erhalten Support per Chat und E-Mail. Schlüsselkunden dagegen können telefonisch beim Kundenservice anrufen oder haben sogar einen persönlichen Ansprechpartner. Diese Kontaktwege werden direkt in die E-Commerce-Lösungen und Kundenkonten integriert. Kunden können etwa direkt zu einem Produkt eine Frage an ihren Kundenberater stellen.
Personalisierung: Wie unterscheiden sich B2B und B2C?
Im Prinzip verfolgen E-Commerce-Unternehmen in B2B und B2C mit Personalisierung die gleichen Ziele und gehen ähnlich vor; jedoch mit deutlich anderen Schwerpunkten. Ein Vergleich verschiedener Aspekte zeigt das:
Fokus auf Accounts statt auf Personen
Im B2C werden Customer Experiences auf die Bedürfnisse einzelner Personen zugeschnitten (auch wenn diese in der Praxis in Kundensegmenten gruppiert werden).
Im B2B jedoch werden Kaufentscheidungen in der Regel von mehreren Personen getroffen, die gemeinsam entscheiden. Die E-Commerce-Angebote können deshalb nicht für Einzelne personalisiert werden; stattdessen stehen die Bedürfnisse der sogenannten Accounts, also der Unternehmen oder einzelner Abteilungen im Unternehmen im Fokus.
Stärkere, granulare Personalisierung
Während sich B2C E-Commerce-Angebote meist an den Massenmarkt richten, haben B2B-Unternehmen Märkte aus wenigen hundert oder tausend Accounts im Blick. Dadurch können sie deutlich stärker auf die Bedürfnisse der einzelnen Accounts eingehen.
Zudem sind Beziehungen im B2B zwischen Lieferanten und Kunden oft sehr eng und lang. In diesem Fall kennen Unternehmen ihre Kunden sehr genau und haben umfangreiche Datensätze über sie. Diese Daten, etwa aus dem CRM-System und aus der Bestellhistorie, können sie für die Personalisierung nutzen.
Hauptziel der Personalisierung
Im B2C wird Personalisierung häufig mit dem Ziel eingesetzt, Spontankäufe zu fördern, den Warenkorbwert zu erhöhen (Upselling und Crosselling) und die Abbruchquote zu senken.
Das Hauptziel im B2B E-Commerce ist ein anderes. Beschaffungsprozesse dauern deutlich länger und sind rational geprägt. Spontankäufe sind selten und die Abbruchquoten sind niedriger – schließlich müssen sich die Einkäufer intern verantworten. Stattdessen zielt die Personalisierung wie bereits beschrieben eher darauf ab, Prozesse zu vereinfachen und zu beschleunigen.
Personalisierte Funktionen und Konditionen
B2C-Online-Shops personalisieren hauptsächlich die Produktempfehlungen und die Marketingmaßnahmen, um die Emotionen unterschiedliche Kunden passend anzusprechen. Preise, Konditionen und Shop-Funktionen sind dagegen für alle Kunden fast gleich.
Im B2B ist das anders und geht viel weiter. Gesamte Produktsortimente, Preise, Bestellabläufe und Lieferkonditionen werden auf einzelne Kundengruppen oder sogar Einzelkunden zugeschnitten. Es gibt Kundenkonten mit ganz unterschiedlichen Funktionen, etwa für kleine Unternehmen und für große Konzerne.
Wie funktioniert die Kundensegmentierung?
Nach welchen Kriterien werden B2B-Kunden segmentiert, um ihnen personalisierte Customer Experiences im E-Commerce zu bieten?
Kundenstatus: Kunde oder Nichtkunde.
Demografisch: Merkmale wie Unternehmensgröße (Umsatz oder Anzahl der Beschäftigten), Branche, Ort und so weiter.
Umsatzpotenzial: Bestellhistorie oder vermutetes, zukünftigen Umsatzpotenzial.
Partnertyp: Hersteller, Großhändler, Einzelhändler oder ein anderer Vertriebspartner.
Individuelle Bedürfnisse: Für Großkunden können Inhalte und Angebote komplett individuell angepasst werden.
Omnichannel & Personalisierung im B2B E-Commerce
Die Möglichkeiten und Vorteile der Personalisierung klingen wunderbar. Doch sie sind eine technische Herausforderung für Unternehmen. Warum?
Weil E-Commerce zwingend Multichannel-Vertrieb bedeutet. Zu den klassischen Vertriebswegen – Außendienst, Telefon, E-Mail und so weiter – kommen weitere Kanäle hinzu. Und es hört nicht bei Online-Shops auf: EDI-Lösungen, Marktplätze, Apps für den Außendienst, IoT Devices, und und und.
Wenn nur einzelne dieser Kanäle personalisiert sind, bringt das herzlich wenig: wenn Kunden etwa über eine Beschaffungslösung ihre individuellen Produkte und Preise sehen, im Online-Shop aber nicht; wenn die Bestellhistorie nicht überall sichtbar ist; oder wenn die Produktsuche jeweils andere Ergebnisse anzeigt. Das wäre verwirrend und würde den Einkauf noch komplizierter machen, statt einfacher.
Kunden müssen alle Vertriebskanäle nutzen und zwischen diesen wechseln können. Sie müssen überall ihre personalisierten Funktionen, Angebote und Inhalte nutzen können. Erst dann lässt sich von Onmichannel-Commerce sprechen. Was ist erforderlich, damit das funktioniert?
Alle Systeme und Kanäle müssen in zwei Richtungen miteinander vernetzt sein. Alle Daten müssen in einem zentralen System gespeichert sein. Das System versorgt dann alle Kanäle mit konsistenten, einheitlichen Daten. Und andersherum: Für die Personalisierung werden die Nutzungs- und Bestelldaten benötigt. Diese müssen aus allen Kanälen wieder zurück ins zentrale System fließen, wo sie ausgewertet werden können. Kernbestandteil einer solchen Systemlandschaft ist ein Headless CMS.
Kernbestandteil einer solchen Systemlandschaft ist ein Headless CMS. Was es damit auf sich hat, lesen Sie in unserem Artikel zum Thema Headless Commerce nach.