Was bringt Content Marketing im B2B E-Commerce?
Was tun, wenn die Messe ausfällt und der Außendienstler nicht mehr zum Kunden fahren kann? Wie schaffen Sie es, Kunden und Interessenten trotzdem bestmöglich zu beraten und beim Kauf zu unterstützen?
Mit diesen Fragen mussten sich B2B-Unternehmen, die hauptsächlich auf klassischen Vertrieb setzten, in den letzten Jahren beschäftigen. Die Zeit der Lockdowns ist zwar vorüber und Kundentermine sind wieder möglich – doch wird sich die Zeit nicht zurückdrehen. Ein Großteil der Geschäfte zwischen Unternehmen wird weiterhin digital stattfinden.
B2B-Anbieter investieren deshalb in ihre E-Commerce-Kanäle, um ihre Zielgruppen digital anzusprechen. Doch müssen sie dort mehr bieten, als reine Produktkataloge und Bestellfunktionen. Im beratungsintensiven B2B-Geschäft funktioniert E-Commerce nur in Verbindung mit Content: als B2B Content Commerce.
Warum ist Content im B2B Commerce so wichtig und was können Sie konkret dadurch erreichen? Das erklären wir ausführlich in diesem Artikel – und geben 5 Tipps für erfolgreiches Content Marketing im B2B.
Welche Rolle spielt Content Marketing im B2B E-Commerce?
Content ist weit mehr als Werbung, mit der sie die Aufmerksamkeit Ihrer Zielgruppen gewinnen. Content übernimmt im E-Commerce auch die Rolle eines Kundenberaters oder Vertrieblers: Er versorgt Interessenten während der gesamten Customer Journey mit den erforderlichen Informationen: bei der Recherche, der Produktauswahl und der Kaufentscheidung. Warum ist Content Marketing speziell im B2B E-Commerce so wichtig?
Online-Recherche und -Kauf unterstützen
Wie im B2C beginnen auch Einkäufer in Unternehmen ihre Produktrecherche in der Regel online: bei Google oder auch einem Fachportal. Mit potenziellen Lieferanten nehmen sie erst spät im Entscheidungsprozess persönlich Kontakt auf – oder gar nicht. Viele B2B-Geschäfte werden über Online-Shops ganz ohne persönlichen Kontakt geschlossen, dasselbe trifft auf SaaS-Produkte zu.
Laut der Studie „New B2B Buying Journey“ von Gartner verbringen Buying-Center (Gruppen von Entscheidern) im Einkaufsprozess 27 Prozent ihrer Zeit mit Online-Recherche und nur 17 Prozent im Kontakt mit Lieferanten.
In der DemandGen 2020 B2B Content Preferences Study sagten 47 Prozent der befragten B2B-Entscheider, dass sie drei bis fünf Content-Stücke konsumieren, bevor sie einen Anbieter kontaktieren; 30 Prozent sogar mehr als fünf Content-Stücke. 67 Prozent gaben an, dass sie sich deutlich mehr auf eigene Recherche verließen als noch ein Jahr zuvor.
Diese Entwicklung wurde in den letzten Jahren vorwiegend durch zwei Faktoren getrieben: einerseits die Verlagerung aller Aktivitäten in den virtuellen Raum aufgrund des Lockdowns in der Coronapandemie; andererseits durch den wachsenden Einfluss der „Digital Natives“, die mittlerweile auf den Entscheiderpositionen in der Wirtschaft angekommen sind.
Das bedeutet: Anbieter, die online keinen Content zur Verfügung stellen oder deren Content schwer auffindbar ist, werden von Interessenten schlicht ignoriert. Anbieter, die den besten Content zur Verfügung stellen und dadurch die Fragen der Zielgruppen beantworten, haben im Auswahlprozess die Nase vorne.
Informationsbedarf bei komplexen Produkten decken
Durch die Digitalisierung und den technologischen Fortschritt insgesamt kommen immer neue Angebote auf den Markt. Diese sind leistungsfähiger als ältere, aber auch deutlich komplexer. Das heißt, der Informationsbedarf beim Einkauf dieser Produkte steigt und steigt – und muss durch umfangreichen Content befriedigt werden.
Gesamtes Buying-Center ansprechen
Im B2B werden Kaufentscheidungen in der Regel von mehreren Personen getroffen: vom sogenannten Buying Center oder der Buying Group. Die durchschnittliche Größe des Buying-Centers ist in den letzten Jahren gestiegen. Oft sind drei bis fünf Personen beteiligt; bei großen Investitionen auch viel mehr.
Oft hat der Vertrieb eines Anbieters nur mit einzelnen Personen des Buying-Centers Kontakt. Die anderen erhalten nur die Informationen, die ihnen weitergeleitet werden oder die sie selbst recherchieren. Je besser der Content ist, den Anbieter für die verschiedenen Entscheider zur Verfügung stellen, desto eher können sie deren Entscheidung positiv beeinflussen.
Lange, komplexe Buying-Journeys unterstützen
Auswahl- und Entscheidungsprozesse in Unternehmen sind oft undurchsichtig und ziehen sich lange hin. Aufgaben wandern zwischen verschiedenen Abteilungen hin und her oder bleiben zwischendurch liegen. Für den Vertrieb eines Anbieters ist es deshalb schwer vorherzusagen, wer bei einem potenziellen Kunden wann welche Informationen benötigt. Was ein Anbieter jedoch tun kann: Content für jede Phase der B2B Customer Journey verbreiten, damit die Interessenten ihn jederzeit finden und nutzen können.
Sich vom Wettbewerb differenzieren
Die immer komplexeren Produkte sind für Interessenten schwer zu bewerten; Unterschiede zwischen einzelnen Anbietern sind für Außenstehende oftmals kaum auszumachen. Deshalb spielt – auch im scheinbar so rational geprägten B2B Umfeld – persönliche Sympathie und Vertrauen eine große Rolle. Kunden gehen dorthin, wo sie sich sicher aufgehoben und beraten fühlen. Doch wie kommt dieses Gefühl zustande, wenn es gar keinen persönlichen Kontakt gibt? Über Content können sich Anbieter von Wettbewerbern differenzieren und zeigen, dass sie die Probleme ihrer Zielgruppen am besten verstehen und lösen können.
Welche Ziele erreichen Sie durch Content Marketing?
Content Marketing ist eine Allzweckwaffe für den B2B E-Commerce. Für welche Ziele können Sie es einsetzen?
Aufmerksamkeit der Zielgruppe gewinnen
Durch regelmäßige Fach- und Blog-Artikel oder Social-Media-Posts tauchen Marken immer wieder im Blickfeld ihrer Zielgruppen auf und können ihre Botschaften platzieren. Der „Mere-Exposure-Effekt“ ist wissenschaftlich belegt: Je öfter Menschen etwas sehen, desto positiver sind sie dazu eingestellt.
Wenn potenzielle Kunden irgendwann tatsächlich nach Produkten suchen, erinnern sie sich eher an Anbieter, deren Content sie häufiger gesehen und konsumiert haben. Suchmaschinen sind ebenfalls ein wichtiger Kanal, um gefunden zu werden: Auf Google stehen die Anbieter ganz oben, die mit ihrem Content die Fragen der Zielgruppe beantworten.
Leads generieren
Leads – Kontaktdaten potenzieller Kunden – sind der Rohstoff, aus dem B2B-Vertriebsabteilungen neue Kunden gewinnen. Lange waren Messen die Hauptquelle für neue Leads, oder sie wurden zugekauft. Nachdem Corona und die DSGVO beide Wege deutlich erschwert haben, setzen B2B Unternehmen vorwiegend auf die Online-Lead-Generierung. Interessenten müssen sich etwa mit ihren Kontaktdaten registrieren, um an Fachinformationen zu kommen. Der Vertrieb kann die Leads anschließend kontaktieren und weiter pflegen („Lead-Nurturing“).
Beim Kauf beraten
Wie bereits erwähnt, übernimmt Content im E-Commerce die Rolle des Kaufberaters: Welches Produkt löst mein Problem? Welche technischen Spezifikationen muss es haben? Ist es kompatibel mit meinen anderen Lösungen? Welches Modell oder welcher Anbieter ist besser für mich? All diese Fragen müssen durch Content beantwortet werden. Durch Content können Kunden bessere und schnellere Entscheidungen treffen – zum Nutzen von Kunden und Anbietern.
Vertriebskosten senken
Wenn Kunden lieber online recherchieren und einkaufen, ist das für B2B Unternehmen nicht nur eine Herausforderung. Content einmal zu produzieren und online zur Verfügung zu stellen ist günstiger, als immer wieder dieselben Fragen persönlich durch den Vertrieb beantworten zu lassen.
Mit Content Commerce können B2B Anbieter einen Großteil ihrer Vertriebsprozesse automatisieren. So können sie ihre Kosten senken und ihr Vertriebsteam für die wertvollsten Aufgaben einsetzen, etwa für die Betreuung von Schlüsselkunden.
Reklamationsquote senken
Wenn Online-Käufer Produkte zurückschicken oder reklamieren, liegt das in einem Großteil der Fälle an mangelndem Content: Kunden bemerken etwas am Produkt, was ihnen während des Kaufprozesses nicht klar war. Durch ausführliche Informationen im Online-Shop etwa ließen sich viele Retouren vermeiden: zum Beispiel durch Beschreibung der Passform bei Kleidung oder Beschreibung der genauen Funktionen oder Kompatibilitäten bei technischen Produkten.
Anleitungen helfen Käufern außerdem, ein Produkt richtig zu nutzen und Fehler zu vermeiden. Dadurch werden Reklamationen und persönliche Anfragen Kundenservice überflüssig.
Top Customer Experience bieten
Die Vorteile von hervorragendem Content Marketing im B2B E-Commerce liegen jedoch nicht einseitig beim Anbieter. Wie bereits erwähnt, wollen Kunden online recherchieren und kaufen – und benötigen dafür ausführliche Informationen.
Je besser Anbieter diese Wünsche bedienen, desto besser helfen sie den Kunden selbst: sie müssen weniger suchen, sind besser informiert, verschwenden keine Zeit, finden genau das Produkt, das sie brauchen – und haben gleichzeitig noch Spaß dabei. Content ist einer der wesentlichen Faktoren für die B2B Customer Experience, und zwar an jedem Punkt der Customer Journey.
Welcher Content eignet sich im B2B E-Commerce?
Während der Recherche zu Anfang, für die Produktauswahl, vor der Entscheidung, nach dem Kauf: Content ist immer relevant; nur die Ziele unterscheiden sich jeweils. Welche Formate und Kanäle eignen sich speziell für welche Phasen oder Ziele im B2B E-Commerce?
Aufmerksamkeit gewinnen
Blog, SEO
Social-Media
Online-Werbung
Klassische Werbung und PR
Messen, Events (online und offline)
Bei Produktauswahl und Kauf unterstützen (zusätzlich)
Whitepaper, Analysten-Reports, Studien
Testberichte, Produktvergleiche
Produktbeschreibungen, Datenblätter
Produktdemos, (virtuelle) Produktpräsentationen
Rezensionen, Testimonials, Case Studies, Anwenderberichte
Nach dem Kauf unterstützen
Support- und Wissensdatenbank, FAQ
Nutzungs- und Reparaturanleitungen
Kundenmagazin, E-Mail-Newsletter
Communities, User Groups
5 Tipps für erfolgreichen B2B Content Commerce
Was macht erfolgreiches Content Marketing im B2B Commerce aus? Wir haben fünf Tipps für Sie zusammengestellt.
Thought Leadership Content
Content ist nur dann ein Wettbewerbsvorteil, wenn er besser ist als der der Wettbewerber. Wiederholen Sie in Ihrem Content nicht nur das, was alle anderen schreiben: Erschaffen Sie stattdessen Thought Leadership Content („Vordenker-Content“) und präsentieren Sie wirklich Neues. Lassen Sie ihren CEO über einen Zukunftstrend schreiben, interviewen Sie Experten, führen Sie eine eigene Studie durch oder erklären Sie ein Thema aus einer ganz neuen Perspektive.
Content Repurposing
Content zu produzieren und zu verbreiten, ist teuer – erst recht bei komplizierten B2B-Themen. Ein häufiger Fehler: Content nur einmal für eine Kampagne oder an einer Stelle zu verwenden, und immer wieder neuen Content zu denselben Themen zu produzieren.
Stattdessen sollten Sie Content sooft wie möglich wiederverwenden und Content-Stücke in unterschiedlichen Formaten produzieren; diese Methode nennt sich Content Repurposing. Dadurch senken Sie die Produktionskosten und können neue Inhalte oder Kampagnen viel schneller erstellen.
Die Voraussetzung fürs Content Repurposing ist ein Content Hub: Darin haben Sie Ihren gesamten Content zentral gespeichert und können alle einzelnen Assets leicht wiederfinden und wiederverwenden.
Omnichannel Marketing
Sie sollten Ihren Content nicht nur mehrmals verwenden, sondern auch auf möglichst vielen Kanälen ausspielen: Produktinformationen etwa zeigen Sie nicht nur im Online-Shop, sondern auch in der App Ihres Vertriebsaußendienstes und auf externen B2B-Anbieter- und Produktvergleichsportalen.
Auch hier kommt wieder Ihr Content-Hub in Verbindung mit einem Headless CMS ins Spiel: Darüber können Sie Ihren Content auf praktisch unbegrenzt vielen digitalen Kanälen ausspielen und Omnichannel Commerce betreiben.
Content Curation
Für Kunden ist es schwierig, sich in der Masse an Content zurechtzufinden und jeweils die für sie nützlichen Informationen zu finden. Um sich als Experte in einem Themengebiet zu etablieren, müssen Sie unter Umständen gar keinen (oder nicht so viel) eigenen Content produzieren.
Stattdessen können Sie Content Curation betreiben: Sie stellen Content aus verschiedenen Quellen zusammen und breiten ihn leicht konsumierbar für ihre Zielgruppen auf, etwa in einem regelmäßigen Newsletter.
Unterhaltungsfaktor
B2B-Content stand lange synonym für trockenen, technischen Content. Doch B2B-Einkäufer sind Menschen, die auch gerne Youtube- oder TikTok-Videos anschauen und während der Arbeit Spaß haben möchten.
Selbst wenn Ihre Themen trocken und technisch sind, sollten Sie Ihre potenziellen Kunden nicht langweilen oder gar verärgern, etwa indem Sie schwer konsumierbaren und unansehnlichen Content verbreiten. Gestalten Sie Ihre Content-Stücke mindestens schön und übersichtlich. Und wenn Sie es schaffen, ihre Zielgruppen nebenher noch etwas zu unterhalten: top!